Greenwashing bei Energieunternehmen

Dass Unternehmen ihr Image durch fadenscheinige Aussagen aufbessern wollen und dadurch Kunden und Verbraucher täuschen, passiert ständig. Spätestens seit dem immer größer werdenden Interesse an nachhaltiger Wirtschaft und der Bekämpfung des Klimawandels, haben solche Täuschungsversuche auch Einzug in die Energiewirtschaft genommen. Unternehmen labeln ihre Produkte als nachhaltig, als Bio oder als umweltfreundlich, obwohl diese das in Wirklichkeit gar nicht sind. Das nennt man Greenwashing. Solche Praktiken finden sich auch bei Energieunternehmen, die Ökostromverträge anbieten, obwohl diese eigentlich überhaupt nicht nachhaltig sind. Hier lesen Sie, wie Energieunternehmen Kunden in die Irre führen und wie Sie Greenwashing erkennen können.

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Greenwashing durch Herkunftsnachweise für Erneuerbare Energie

Herkunftsnachweise sind im Prinzip Zertifikate, die die Erzeugung von Strom aus erneuerbarer Energie bescheinigen. Sie stammen von Anlagebetreibern und enthalten folgende verpflichtende Angaben:

  • Kenndaten zur Erzeugungsanlage
  • Erzeugte Strommenge in Megawattstunden
  • Art und Umfang von Förderungen zur Errichtung der Anlage oder der Stromproduktion
  • Ausstellungsdatum, Ausstellungsland und eindeutige Kennnummer

Mithilfe von Herkunftsnachweisen kann erzeugter Strom also eindeutig einer Erzeugungsanlage zugeordnet werden. Das hilft sowohl Verbrauchern als auch Energieunternehmen, einen Überblick über die Stromherkunft zu bekommen. Anlagenbetreiber können außerdem noch weitere freiwillige Angaben machen:

  • Detaillierte Informationen zur Funktion der Anlage oder der Art und Weise der Stromerzeugung, Informationen zum Umweltschutz der Anlage (bspw. Fischschutz bei Wasserkraftanlagen)
  • Eine sogenannte optionale Kopplung. Das sorgt dafür, dass der Herkunftsnachweis nur gekauft werden kann, wenn beim Betreiber der EE-Anlage auch Strom gekauft wurde.
  • Regionalattribut mit Postleitzahl

Herkunftsnachweise werden in ein Herkunftsnachweisregister eingetragen und europaweit gehandelt und anschließend vom Anlagebetreiber oder dem erwerbenden Stromversorger entwertet – das funktioniert so ähnlich wie der Stromhandel an der Energiebörse. Entwertete Nachweise können nicht mehr gehandelt werden. Weil die Nachweise europaweit gehandelt werden, findet der Handel auch unabhängig vom physikalischen Stromtransport in Europa statt – also stromnetzübergreifend. Mit anderen Worten: Stromversorger können Herkunftsnachweise für Ökostrom erwerben, der überhaupt nicht in deren Stromnetz ankommt. Das begünstigt Greenwashing, denn auf diese Weise können Stromversorger ihren Strom als Ökostrom verkaufen, obwohl er das entweder gar nicht oder nur zu Teilen ist.

Nicht überall, wo Ökostrom draufsteht, ist auch Ökostrom drin. (Quelle: Bild von kalhh auf Pixabay)

Das Problem mit Herkunftsnachweisen

Herkunftsnachweise für erneuerbaren Strom sind grundsätzlich sinnvoll, um zu überblicken, welcher Strom mit erneuerbaren Energien produziert wurde und welcher nicht. Ein Herkunftsnachweis bezeugt normalerweise, dass eine gewisse Menge Strom aus erneuerbarer Energie ins Stromnetz eingespeist wurde. Jeder Herkunftsnachweis kann nur einmal entwertet werden. Eigentlich. Enthüllungen aus 2023 zeigen, dass norwegische Zertifikate – dort kommen die meisten der in Deutschland erworbenen Herkunftsnachweise her – in der Vergangenheit für Kraftwerke ausgestellt, deren grüner Strom schon woanders verbucht wurde, meistens in Klimabilanzen von Konzernen. Auf dem Papier kommt dadurch ein und dieselbe Menge an Strom zweimal zum Einsatz, was eigentlich nicht möglich ist.

Während das norwegische Stromnetz immerhin mit dem deutschen verbunden ist und der Strom so theoretisch auch in Deutschland ankommt, gibt es andere Länder bei denen das nicht der Fall ist. Island oder Zypern zum Beispiel gehören nicht zum europäischen Verbundsystem, trotzdem können deutsche Stromversorger entsprechende Herkunftsnachweise erwerben. Dadurch kann sogar Strom aus nicht-nachhaltigen Quellen als Ökostrom deklariert werden. Herkunftsnachweise sind also keine Beweise, dass der Strom auch aus erneuerbaren Energien hergestellt wurde. Gibt ein Unternehmen nur Herkunftsnachweise an und keine anderen Auszeichnungen, ist das wohl eher ein Zeichen für Greenwashing als für tatsächlichen Ökostrom. Darauf sollten Sie achten, wenn Sie Ihren Stromvertrag wechseln wollen.

Darüber hinaus ist es sowieso schon schwierig genug, zu erkennen, ob es sich tatsächlich um Ökostrom handelt oder nicht. Denn der Begriff ist nicht rechtlich geschützt. Es gibt nur wenig wirklich verbindliche Standards und Kriterien. Dadurch wird es nicht einfacher, Greenwashing zu vermeiden. Laut dem Bundesverband für Erneuerbare Energien besteht Ökostrom immerhin zu mindestens 50 Prozent aus erneuerbaren Energien. Dieser ist aber eine gemeinsame Interessenvertretung der Erneuerbaren-Energie-Branche in Deutschland und somit keine gesetzgebende Einrichtung. Sie gibt also nur Richtlinien vor, keine Regeln.

Ein ganz anderes Problem im Zusammenhang mit Herkunftsnachweisen besteht im Ausbau erneuerbarer Energien. Stromversorger, die Herkunftsnachweise kaufen, um ihren Strom als Ökostrom zu verkaufen, haben weniger Anreize, tatsächlich in erneuerbare Energien zu investieren.

Echten Ökostrom erkennen Sie an unabhängigen Siegeln und Auszeichnungen. (Credit: Jens Rasch auf Pixabay)

Siegel, Zertifikate und Auszeichnungen gegen Greenwashing

Um echten Ökostrom zu erkennen und Greenwashing zu verhindern, eignen sich vor allem Auszeichnungen, Siegel und Zertifikate von unabhängigen Institutionen. Das Umweltbundesamt empfiehlt hierfür vor allem zwei Siegel: Das Grüner-Strom-Label und das ok-power-Label. Beide bezeugen, dass durch den Ökostrom aktiv erneuerbare Energien gefördert werden und in neue Anlagen investiert wird. Zertifizierungen durch Ökolabel sind aber freiwillig. Deswegen liefern Unternehmen manchmal auch Ökostrom aus wirklich erneuerbaren Energien, obwohl sie kein Siegel haben. Sie können sich darüber versichern, indem sie zum Beispiel die Unternehmenspolitik des Stromanbieters betrachten. Setzt sich das Unternehmen vorrangig für erneuerbare Energien ein? Was und wie viel macht das Unternehmen genau? Oder ist es an Gas- oder Kohlekraftwerken beteiligt? Mit diesen Fragen können Verbraucher eine eigene Entscheidung treffen, ob sie dem Ökostrom des Unternehmens vertrauen oder ob das Unternehmen am Ausbau erneuerbarer Energien beteiligt ist, auch wenn der spezielle Stromtarif kein Ökosiegel trägt. Wollen Sie bei der Stromanbieterwahl sicher sein, dass Sie Ökostrom bekommen und nicht durch Greenwashing getäuscht werden, sollten Sie am besten auf die folgenden Siegel achten.

ok-power-Label

Das ok-power-Label ist Deutschlands führendes Gütesiegel für Ökostromprodukte. Hinter dem Siegel steht der gemeinnützige Verein EnergieVision e.V. Es setzt sich aus einer Reihe von Kriterien zusammen, die alle erfüllt sein müssen. Einige davon sind beispielsweise:

  • Herkunft des Stroms aus 100 Prozent erneuerbaren Energien
  • Keine mittel- oder unmittelbare Beteiligung an Atomkraftwerken oder an Braun- und Steinkohlekraftwerken
  • Faire und transparente Vertragsbedingungen. Z.B. keine Vorkasse, keine Mindestabnahmemengen
  • Beitrag zur Beschleunigung der Energiewende bzw. zur Integration erneuerbarer Energien ins Versorgungssystem über die staatliche Förderung hinaus.
  • Herkunftsnachweise aus Ländern, die an das europäische Verbundsystem angeschlossen sind. Nachweise aus Island, Zypern und überseeischen Hoheitsgebieten sind also ein Ausschlusskriterium.

Außerdem stellt das Siegel weitere Forderungen, die den Beitrag zur Energiewende sicherstellen sollen. Hierfür stehen den Stromanbietern sogenannte Wahlpflichtkriterien zur Verfügung. Sie können also selbst entscheiden, für welchen Anteil der zu zertifizierenden Strommenge sie den geforderten Beitrag erfüllen wollen.

Das ok-power-Label gilt für einzelne Ökostromtarife von Stromanbietern. Unternehmen, die ihren gesamten Absatz nach ok-power zertifizieren lassen, bekommen stattdessen das ok-power-plus-Siegel. Eine Zertifizierung durch ok-power gilt jeweils für ein Jahr.

Grüner Strom-Label

Auch für das Grüner Strom-Label stellt einige Anforderungen an das Stromprodukt, an die Fördermittelverwendung und an den Energieanbieter. Einige davon sind:

  • Herkunftsnachweise werden nur mit Kopplung und mit dem Hinweis „Keine Förderung“ anerkannt.
  • Der Anbieter muss einen festgelegten Förderbetrag für den Bau von Anlagen erneuerbarer Energie verwenden. Je nach Kunde beträgt der Betrag zwischen 0.1 und 0.5 Cent pro Kilowattstunde.

Darüber hinaus hat das Label auch einige Ausschlusskriterien:

  • Beteiligung an Atomkraftwerken
  • Beteiligung an Kohlekraftwerken nach dem 1. Januar 2027
  • Fehlende Investitionen in Energiewende-Projekt

Das Grüner Strom-Label zertifiziert immer nur einzelne Stromtarife und keine Stromanbieter. Somit kann dieses Label auch Ökostromtarife auszeichnen, obwohl der Stromanbieter auch konventionelle Stromtarife anbietet. Das Grüner Strom-Label wird alle zwei Jahre neu geprüft.

Weitere Fragen zum Thema Greenwashing

Um Greenwashing tatsächlich zu erkennen, müssen sich Verbraucher mit den Unternehmen auseinandersetzen und sich anschauen, wie diese auf dem Energiemarkt agieren. Ein erster Anhaltspunkt ist zwar die Verwendung von Herkunftsnachweisen, das ist aber auch keine einwandfreie Methode. Sie sind zwar kein eindeutiger Beweis für grünen Strom, beweisen aber auch nicht, dass es sich um Greenwashing handelt. 

Die Konsequenzen für die Umwelt und Verbraucher sind die offensichtliche Täuschung und das Festhalten an klima- und umweltschädlichen Energieträgern wie Steinöl und Braunkohle.
In Deutschland gilt Greenwashing oft als „unlauterer Wettbewerb“ und wird juristisch oft als Täuschung behandelt. Unternehmen riskieren also Unterlassungsklagen, Abmahnungen oder Strafzahlungen bis zu 300.000 Euro. Die Green Claims Directive der EU verpflichtet Unternehmen dagegen, ihre Nachhaltigkeitsbehauptungen wissenschaftlich zu belegen. Werden Begriffe wie „klimaneutral“ oder „umweltfreundlich“ genutzt, obwohl das nicht zutrifft, drohen Strafzahlungen in Höhe von 4 Prozent des Jahresumsatzes und der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge. 

Das Einzige, was Verbraucher wirklich gegen Greenwashing unternehmen können ist, auf unabhängige Zertifikate zu achten und sich nach Energieversorgern umzuschauen, die sich tatsächlich für erneuerbare Energien einsetzen und nicht an fossilen Kraftwerken beteiligt sind.  

Günstige Stromanbieter

  • EON
  • Vattenfall
  • eprimo
  • EWE
  • Enbw